Die Bescheuerten Kinder wollten mich verkloppen

Es war mal wieder Party bei den Bescheuerten Kindern in der Wohngruppe des ib, direkt neben der WG der Freundin, wo wir versuchten, uns nachts von unserem anstrengenden Studentenleben zu erholen.

Dieses Mal war es nicht nur ein einsamer Radiowecker, den ich Wochen zuvor schon mit einem beherzten Griff in den Sicherungskasten zum Schweigen gebracht hatte, sondern ein ausgelassenes Fest. Mit lauter Musik und Jungs voller Testosteron. An Schlaf war mal wieder nicht zu denken. Was tun? Polizei rufen? Ach, das kann man doch auch direkt regeln, dachte ich mir. Zivilcourage olé!

Ich zog mich an, schnappte mir den Hausschlüssel (er passte auch für das Nebenhaus: derselbe Vermieter, dieselbe Schließanlage) und kletterte vier Etagen hinab und im Nebenhaus vier Stufen hinauf. Vor der Tür, die ob des Schalldrucks von innen schon Wölbungen hatte, atmete ich dreimal tief durch und klingelte.

Die Musik wurde marginal leiser, die Tür öffnete sich und ich blickte in eine Schar Gesichter, alle so zwischen fünfzehn und achtzehn. Ich begann das Problem zu schildern: Musik sehr laut, Freundin macht Examen, muss früh raus, yadda yadda yadda. Zum Glück stand derjenige mit einem Funken Restvernunft direkt vorne und versprach, man werde die Musik jetzt leiser machen. Doch bevor wir zu einem guten Abschluss kamen („Ihr seid cool, wird sind cool, wir gehen jetzt alle schlafen“), kam erneut Aufregung in die Szene:

Was will der? Was will der?

schrie der halbstärkste der Bande aus dem Hintergrund, in der Hand etwas, das aussah wie…

Ist das ein Baseballschläger? OK, ich bin raus

stellte ich kühl panisch fest und rannte die vier Stockwerke hinab und auf der anderen Seite wieder hinauf. Soviel zur Zivilcourage, aber hier kam ich mit Diplomatie nicht weiter. Diesmal riefen wir die Polizei, keine Frage. Allerdings war uns sehr mulmig. Die Bescheuerten Kinder wussten ja, wo wir waren. Die würden bestimmt kommen, uns in der Nacht meucheln. Als es später im Treppenhaus einen irre lauten Knall gab, entschieden wir uns — beseelt von Panik — um vier Uhr morgens, das Bett zu wechseln, schwangen uns auf die Fahrräder und fuhren die eineinhalb Kilometer zu mir.

Epilog

Erstens: OK, es war unfair, selbst Panik zu schieben und abzuhauen, die drei Mitbewohner aber einfach schlafen zu lassen. Tschuldi.

Zweitens: Die Sozialarbeiter in der Geschäftsstelle des ib (ebenfalls bei der Freundin im Haus) waren am nächsten Tag sehr bestürzt, hatten aber selbst viel zu tun, da man mitten in der Nacht die halbe Eingangstür weggetreten hat, um die Kaffeekasse des Büros zu klauen.

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