Ein fehl geschlagenes Experiment

Am Samstag abend bei der Bloglesung im Rahmen des Wordcamps im Stilwerk gewesen. Ein vertrautes, aber immer wieder viel versprechendes Lineup bei den Vorlesenden: Herr Paulsen, Merlix, MC Winkel und Kid 37. Für mich völlig neu und ungewohnt: Der Ort, beziehungsweise der Rahmen der Lesung. Ein Barcamp. Etwas seltsam dort, nahezu alle Anwesenden hatten einen Laptop oder ein iPhone dabei (oder beides), in allen Ecken des Raumes hockten die Leute und hackten auf ihren Tastaturen herum. Dabei eine Apple-Quote von ungefähr 70 Prozent, beeindruckend. Wäre jemand dort mit einem MacBook Air aufgetaucht, wäre er zweifellos der King of Geeks geworden.

Cem leitet die Lesung ein, Herr Paulsen eröffnet mit dem ersten Text: Der Tanz der Schlachter, immer wieder ein Vergnügen, auch wenn ich ihn mittlerweile schon mehrfach gehört habe. Stevan: Habe meinen Wunsch, mal etwas Anderes zu hören, ja schon angebracht. Der Sound war eine Katastrophe: Dünn und blechern verklang die angenehmste Blogvorlesestimme Hamburgs im John-Lennon-Forum. Vielleicht saßen wir schlecht, aber mit der Anlage war höchstens auf einer Lo-Fi Messe ein halber Blumentopf zu gewinnen.

Was jedoch noch viel mehr irritierte, waren die Blogger und Konferenzteilnehmer, die ohne jeden Anstand ihre Gespräche weiterführten, tippten was das Zeug hielt und sich offenbar gar nicht darum scherten, dass ihnen gerade wunderschöne Dinge präsentiert wurden. Muss man ja nicht mögen, diese Art von Literatur, aber dann kann man sich auch ruhig in eine Ecke verziehen und vielleicht ein wenig leiser auf seine Tastatur einprügeln. Maximilian fragt sich, warum bei Barcamps nie gelesen wird. Ich sage: Kein Wunder; wer sich als Lesender einem derart unaufmerksamen Publikum hingibt, wird das wohl kein zweites Mal machen.

Merlix las die schönste der Travemünder Geschichten, auch hier würde ich mich mal über eine andere freuen. E. und ich schlossen eine Wette ab, ob MC Winkel „Uetersen“ vorlesen würde, was aber nicht der Fall war. Einerseits schön, auch mal etwas Anderes zu hören, andererseits litt der desiginierte Gottschalk-Nachfolger unter einer schlechten Tagesform: So gingen die absurd gesteigerten Vergleiche, die ich an seinen Texten so schätze, leider häufig in Texthasplern unter. Kid 37 liest sehr schön, aber leider fehlt mir der Zugang zu seinen Texten.

Alles in allem eine Veranstaltung mit weniger Schmackes, als ich es mir gewünscht hätte. Leider haben Publikum und Veranstaltung nicht so gut zueinander gepasst.

1 Response to “Ein fehl geschlagenes Experiment”


  • Dann bin ich ja zumindest ein kleines bisschen getröstet, daß ich nicht da war. Als ich damals das Programm las dachte ich bei mir „ein ganzes kostbares Wochenende mit WordPress-Nerds, das brauchst du nicht.“ Und sehr wahrscheinlich hatte ich damit auch recht. Aber wenn man einen großen Teil den Teilnehmer regelmäßig liest (und einen kleinen Teil schon persönlich kennt), dann wäre es vielleicht doch schön gewesen.
    Nunja, es gibt immer ein nächstes Mal.

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