Monthly Archive for Juni, 2006

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Politisch nicht ganz korrekte Höflichkeitsfloskel

Auf der Rückfahrt aus dem Rheinland in Dortmund in den InterCity umgestiegen. Das Einsteigen war hektisch, der Zug war schon nicht mehr ganz pünktlich. Die DB-Mitarbeiterin war auch etwas in Eile, ansonsten hätte sie gemerkt, dass es für die Rollstuhlfahrerin, die sie über die herbeigeschaffte Hebebühne in den Zug bugsiert hatte, unmöglich würde, durch den vollen Waggon zu ihrem designierten Rollstuhlplatz zu fahren. So staute es sich im Waggon, der ohnehin keine freien Sitzplätze mehr bot. Der Rollstuhl stand im Weg und der Zug war voll. Die Rollstuhfahrerin zeterte ein wenig, dass man als Gehbehinderter so schikaniert werde und ich fürchtete, die nächsten Stunden einer Gezeterquelle ausgesetzt zu sein. Ob der junge Mann, der neben ihr stand und als erster den Zorn abbekam, den Satz

Na, immerhin haben Sie einen Sitzplatz.

sagte, um sie zu beruhigen, oder um sie noch ein wenig anzustacheln, blieb mir verborgen, als ich mich in meinen persönlichen, iPod-induzierten, akustischen Mikrokosmos verabschiedete.

Ein Wort zur Entschuldigung

Tut mir leid, dass ich ich in der letzten Woche so säumig war mit dem Verfassen neuer Beiträge zu diesem Blog. Ich möchte mich dafür entschuldigen.

Der letzte Satz ist Schwachsinn. Einerseits muss ich mich bei niemandem dafür rechtfertigen, wann und wieviel ich hier schreibe. Andererseits kann ich mich dafür nicht entschuldigen. Die einzigen, die mich entschuldigen können, sind meine werten Leserinnen und Leser.

Entschuldigen kann nicht reflexiv sein. Greifen wir zur Illustration ein beliebiges Beispiel heraus. Am 11.05. war bei SPON zu lesen:

Vor Gericht entschuldigte sich der Angeklagte unter Tränen und bekam eine recht milde Strafe.

Um so schlimmer. Er bekommt nur eine milde Strafe dafür, dass er beschließt, nun nicht mehr schuldig zu sein? Ha. Die Härte des Urteils möge ihn ob dieser Frechheit treffen. Die angemessene Antwort des Richters wäre gewesen: „Bürschchen, solange die Angehörigen der Opfer des Brandes Dich nicht entschuldigen, musst Du in die Schäm-Ecke. Und zwar pronto.“

Wie wäre es also in Zukunft mit um Entschuldigung bitten. Wenn keine Zeit für ausführliche Satzkonstruktionen wie „Ich möchte Sie um Entschuldigung bitten“ bleibt — beispielsweise, wenn man in der U-Bahn jemandem auf den Fuß getreten hat und die Gelegenheit nicht nutzen möchte, eine Freundschaft für’s Leben zu beginnen –, ist ein „Entschuldigen Sie bitte“ immer noch besser als ein gemurmeltes „Schulligung“, was lediglich eine Äußerung dafür ist, dass man selbst gemerkt hat, dem anderen zu nahe gekommen zu sein. „Tut mir leid“ ist auch hübsch, man sollte es aber so meinen.