Monthly Archive for August, 2006

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Interner Blogeintrag

Nicht, dass der Eindruck entsteht, ich würde mein Leben damit verbringen, den Spiegel nach sprachlichen Preziosen zu durchforsten. Doch manchmal stoße ich bei der SPON Lektüre auf Kleinigkeiten, bei denen ich mich frage, ob der Redakteur einen Hauch von Sprachverständnis hat. Das Beispiel von heute:

In einer internen E-Mail, […] habe Ryanair andere Gesellschaften aufgefordert, […]

Interne Email? Inwiweit ist die Mail intern, wenn Ryanair sie benutzt, andere Gesellschaften aufzufordern, ebenfalls zu klagen? Wird sie nur innerhalb von Ryanair verschickt? Sollte man so etwas nicht lieber an die externen Empfänger schicken? Damit diese die Nachricht auch erhalten?

Bitte nicht lächeln.

Einen Vorteil haben die biometrischen Reisepässe mit den neuen Fotoregeln ja: Ich muss mich nicht mehr bemühen, auf dem Bild halbwegs künstlich zu lächeln. Viele Leute sehen das als gewaltigen Nachteil an, dass man nun im Pass so todernst dreinblicken muss.

Mir macht das nichts aus. Nicht, dass ich nicht auch mal lächle, aber auf Pass- und Bewerbungsfotos freundlich und gewinnend zu schauen und gleichzeitig natürlich zu wirken, übersteigt die Kapazität meiner Gesichtsmuskeln.

Tag der Lügen 2006

Heute war wieder der Tag der Lügen, den mein Arbeitgeber einmal pro Jahr begeht. Einmal pro Jahr, so will es irgendeine Vorschrift, muss ich schriftlich bestätigen, dass ich die Arbeitsanweisungen, Prozessbeschreibungen, Brandschutzordnung und Notfallplan zur Kenntnis genommen habe.

Am Tag der Lügen kommt meine Teamleiterin mit einem Zettel, auf dem ich unterschreiben soll, dass ich die Texte zur Kenntnis genommen habe. An diesem Tag habe ich immer schlechte Laune, denn natürlich habe ich die Sachen nicht gelesen. Ich weiß nicht mal, wo sie stehen. Meine Teamleiterin weiß auch nicht, wo sie stehen („Das steht im Intranet.“ Wer unser Intranet kennt, weiß, dass man da so schnell nichts wiederfindet). Alle anderen Kollegen haben am selben Tag unterschrieben, dass sie auch alles gelesen haben. Eine Farce.

Als nächstes stelle ich meiner Teamleiterin die Frage, worauf ich denn die Zeit buchen soll, die ich mit dem Lesen verbringe. Auch darauf gibt es keine sinnvolle Antwort, denn man geht ja nicht wirklich davon aus, dass die Sachen gelesen werden. Wie auch? Bei der Menge Papier würde das ja Wochen dauern. Ah, die glorreiche Erfindung des Projekt-Controllings.

Mittlerweile steht die Führungskraft mit Liste und Stift hinter mir und drängt mich dazu, zu unterschreiben. Aus irgendwelchen Gründen, wird sie dafür verantwortlich gemacht, wenn ich die „Kenntnis“ nicht „bestätige“.

Der Tag der Lügen lässt mich immer zweifeln, ob ich wirklich in der richtigen Firma gelandet bin. Keiner liest diesen Müll, alle unterschreiben es, damit die liebe Seele ihre Ruh‘ hat. Natürlich unterschreibe ich es schließlich auch, weil ich meine Zeit mit Besserem verbringen kann, als wegen dieser Lappalie einen Aufstand zu machen. Aber glaubt das Management dieses Unternehmens wirklich daran, dass der Betrieb besser funktioniert, wenn alle bestätigen, etwas gelesen zu haben, dass keiner gelesen hat? Geht es um eine funktionierende Organisation oder darum, dass man sich das vorspielt?

Mich würde wirklich brennend interessieren, ob eine solche Unterschrift vor einem (Arbeits)Richter wirklich Bestand hätte. Ich kann es mir kaum vorstellen. Hat jemand Ahnung von der Materie? Juristen anwesend? Anyone? Anyone?

Mikro-Zeitverschiebung

Schon halb fünf? Wenn ich mal eine Stunde später als sonst Mittagessen gehe, fühlt sich das an wie jet lag. Irre.

Das Rheingold

Mit 13 hatte ich das erste Mal einen eigenen Fernseher im Zimmer stehen. Eine kleine schwarz-weiß Glotze, die weniger zum Fernsehen da stand, als mir als Monitor für den kurz zuvor erworbenen C64 zu dienen. Viele Stunden verbrachte ich vor dem flimmernden Bild („38911 Basic Bytes Free. Ready.“) und wenn es eines Beweises bedarf, dass man vom Fernsehen keine schlechten Augen bekommt, dann ist es diese Zeit in meinem Leben — denn trotz dieses kaum als ergonomisch bezeichenbaren Bildschirms trage ich keine Brillengläser, die so aussehen, als ob sie unten aus Colaflaschen herausgeschnitten worden wären.

Mindestens einmal habe ich doch ferngesehen mit dieser Glotze. Es lief „Rheingold“. Eieiei, habe ich mir an diesem Abend Ärger von Mami eingehandelt: Den ganzen Tag vor dem Computer und abends noch fernsehen? Komme gar nicht in Frage! Sofort aus die Kiste und ab ins Bett. Bis heute habe ich keine Ahnung, wie der Film ausgegangen ist.

Doch das ändert sich bald! Auf dem Wühltisch der MovieStar Videothek an der Fuhle gab’s das Rheingold für unter vier Euro. Daran konnte ich nicht vorbeigehen. Habe den Film noch nicht gesehen, aber das hole ich bald nach (nach über zwanzig Jahren des Wartens, machen ein paar Tage nichts aus).

Und weißt Du was, Mutter? Ich werde den ganzen Tag vor dem Computer sitzen und spät(!) abends(!!) den Film schauen. Ha! Ohne, dass ich ins Bett muss. Und dazu noch in Farbe! Das ist ein Leben.

Frauen und Obst (Not Safe For Work)

In einem Nebensatz erwähnte die Freundin in Kanada mal, dass sie nie auf der Straße eine Banane essen würde, weil sie, nun, es irgendwie obszön fände, wenn Frauen in der Öffentlichkeit Bananen essen. Ich erwiderte damals, dass ich bei sowas nun wirklich gar, gar keine Hintergedanken entwickeln würde. Ob sie es denn auch obszön fände, wenn Frauen im Supermarkt Gurken kaufen, wollte ich wissen.

Klar, dass ich seit diesem Gespräch gedanklich total fixiert bin, wenn Frauen Bananen essen oder Gurken kaufen. Ich hatte das allerdings fast vergessen (und sooo häufig sieht man Frauen ja auch keine Bananen essen, zumindest nicht im Deep Throat Stil).

Als aber vorgestern eine Frau mir in der U-Bahn gegenüber sitzend eine BIFI auspackte und diese Salami aus der Verpackung quetschte und langsam und genüsslich aß, musste ich schon schwer um die Contenance kämpfen.

Aus dem Hamburger Abendblatt:

Aus dem Hamburger Abendblatt:

Die Aktion Lebendiges Deutsch sucht ein deutsches Wort für „no-go-area“: eine Fläche, eine Region, die man nicht betreten darf oder besser nicht betreten sollte. Vorschläge werden bis zum 14. August im Internet unter der Adresse www.aktionlebendigesdeutsch.de in der Rubrik „Wörter des Monats“ entgegengenommen.

Ist doch total einfach: Sachsen?Anhalt!

Großer Wettbewerb an der Hamburger Brandstwiete: I…

Großer Wettbewerb an der Hamburger Brandstwiete: Im Spiegel-Gebäude scheint ein Preis ausgelobt worden zu sein für den, der in einem Satz am meisten Verneinungen unterbringen kann. Der Gewinner ist eindeutig:

Nach Ansicht des Bundesjustizministeriums widerspricht die EU-Auffassung, wonach es Arbeitgebern nicht verboten ist, Raucher als Bewerber abzulehnen, nicht deutschem Recht.

Die Überschrift des Artikels lautet übrigens: „Arbeitgeber in Deutschland dürfen Raucher ablehnen“.

Unverlangte Anrufe: Buttcalls

Gerade ist es mal wieder passiert: Mein kleiner Bruder hat die verdammte Tastensperre seines Telefons nicht aktiviert und das Telefon ungünstig in die Tasche gesteckt. Dann hat er sich vermutlich draufgesetzt, verschiedene Tasten werden aktiviert und schwupps wird die erste Nummer im Telefonbuch gewählt. Das ist üblicherweise meine, da ich bei ihm und anderen Leuten sehr weit oben im Telefonbuch zu finden bin.

Wenn ich einen solchen Anruf entgegenehme, spiele ich immer mit dem Gedanken, nicht wieder aufzulegen. Soll doch der Anrufer an seiner Telefonrechnung merken, dass er mich angerufen hat. Zumindest solange, bis er sich wieder anders hinsetzt und mit der anderen Arschbacke die Verbindung trennt.

Habe bei Adam Curry einen schönen Begriff fü diese Art Anrufe aufgeschnappt: Buttcalls, also Arschanrufe. Das trifft es.

Also, bittebittebitte mit Zucker oben drauf, wenn Ihr mich weit oben im Telefonbuch stehen habt, aktiviert die automatische Tastensperre.

I’m looking at you, bro!

Sprache 2.0: Mashups

OK, um hier dem Gerücht vorzubeugen, ich sei ein sprachpflegerischer Kauz, der keinen Spaß an neuen Entwicklungen in der Sprache hat, möchte ich hier einen Ausdruck zum besten geben, der mir bei Malorama untergekommen ist:

immer wieder erstaunlich, wie ich mich noch immer in so eightieshafte hassmoods reinschaukeln kann.

„Eightieshafte Hassmoods“. Wunderbar. Soll nochmal einer was gegen Anglizismen sagen.