Monthly Archive for Dezember, 2006

Ausbruch aus der vin-Dynastie

Wie fast jedes Jahr in der Zeit nach Weihnachten habe ich heute einen Nachmittag mit meiner Freundin K. verbracht, die als Lehrerin an einer Schule in Solingen arbeitet. K. ist nicht die einzige Lehrerin im engeren Freundeskreis, auch in der Freien und Hansestadt kenne ich einige Leute, die diesem höchst achtenswerten und schwer herausfordernden Beruf nachgehen.

Was mir beim erstaunten Zuhören bei diesen Erzählungen immer wieder auffällt, ist die hohe Wahrscheinlichkeit, mit der die besonders rabaukenhaften oder schwierigen Kinder immer wiederkehrende Namen tragen, meistens solche, die auf -vin enden: Kevin, Marvin, Melvin. Variationen mit -Pascal hintendran oder Marius- davor gehören auch dazu.

Daher ein Aufruf an alle werdenden Eltern, die ihren Kindern etwas Gutes tun wollen: Verzichtet auf diese Namen. Wirklich. So ein Vorname kann ein verdammt schlechtes Image transportieren. Das kostet nichts, tut nicht weh und ist eine hervorragende Investition in die Zukunft des Kindes.

Spätestens bei der Anmeldung in der Schule kann sonst bei der Nennung des Vornamens die Schublade aufgehen und ehe man sich versieht ist das Kind einsortiert. Dazu muss der Lehrer nicht mal ein besonders intoleranter oder oberflächlicher Mensch sein, aber der Mensch urteilt halt normalerweise am ehesten nach eigenen Erfahrungen. Von dem, was ich aus meinem Freundeskreis mitnehme, sind diese Erfahrungen erstens reichlich und zweitens nicht automatisch die besten.

Bitte keine hidden tracks mehr, Ihr Künstler!

Im Hintergrund spielt mir iTunes das wunderschöne Album „Brich mir das Herz, dann brech ich Dir die Beine“ vor, während ich Blogs lese und Mails schreibe. Auf einmal: Stille. Was ist passiert? ITunes kaputt? Warum ist die Musik auf einmal zu Ende, aber das nächste Album setzt nicht ein?

Was ich erlebe, ist ein klarer Anachronismus aus der Zeit, als man CDs von Anfang bis zum Ende anhörte, dann die CD wechselte und andere Musik hörte. Das Phänomen des hidden tracks, also eines Extra-Stücks oder Sound-Schnipsels, das „versteckt“ am Ende der CD drauf wartet, dass eine mehrminütige Pause nach dem letzten Stück vorbeigeht, um schließlich doch noch gespielt zu werden. Nett und immer wieder eine kleine Überraschung — warum sollen Künstler die 74 Minuten, die eine CD bietet, nicht auch ausnutzen? Dann ist das letzte Stück halt ein wenig länger, aber das macht ja nichts aus.

Doch. Macht es. Wenn man ins 21. Jahrhundert vorspult und sich in die Welt der Playlists, der MP3 Player, der Musikbibliotheken auf dem PC bewegt. Dann nervt es einfach nur, wenn die Musik diese mehrminütigen Zwangspausen einlegt, bevor das nächste Stück anfängt. Macht keinen Spaß, zumal die hidden tracks oft aus gutem Grund nicht auf das „normale“ Album gelangt sind. Einem Musiksortierer mit Bibliothekarsattitüden wie mir geht sowas gehörig auf den Senkel.

Bleibt der Griff zu Audacity oder einem vergleichbaren Sound-Editor, um die ungewünschte Pause zu verkürzen oder den hidden track direkt wegzuschneiden.

Etwas gewiefter haben das 1994 die Stone Roses mit ihrem zu Unrecht vielgescholtenen Album „Second Coming“ gemacht. Die haben eine ganze Menge Leertracks von wenigen Sekunden Länge zwischen das offizielle Ende des Albums und das Extralied gebrannt. Sieht zwar etwas komisch aus, wenn man die CD einlegt und sieht, dass sie 99 Tracks enthält, aber diese Platzhalter lassen sich leichter löschen.

Daher mein eindringlicher Appell an alle, die planen, eine CD zu produzieren: Spart Euch bitte die hidden Tracks. Einfach nur weglassen. Danke.

Aus meinem Reisealbum (nicht!)

Fröhliche Rikschafahrt in Durban

Politisch korrekter Tourismus ist diese „fröhliche Rikschafahrt in Durban“ nicht, aber als dieser Südafrika-Reiseführer in den Sechziger Jahren erschienen ist, hat man sich um solche Details ja ohnehin noch keine großen Gedanken gemacht.

Habe die Traumschiff-Folge über Botswana dann doch nicht gesehen. Schade. Aber danke für die erleuchtenden Kommentare. Finde ich putzig, einen ca. dreistündigen Flug als einen Landausflug zu deklarieren.

Traumschiff Botswana

Heute im ZDF, der „Tipp des Tages“: Das Traumschiff. Reiseziel heute: Botswana. Die Familie und ich haben beim Frühstück überlegt, wie das gehen soll. Habe Probleme, mir vorzustellen, wie das Traumschiff dort anlegen möchte. Beim letzten Mal, als ich das überprüft habe, hatte Botswana keine Hafenstadt. Aber vielleicht hat das Zweite ja etwas besser hingeschaut.

Heilignachmittag

Au weia, fühl ich mich obergärig heute.

Frohe Weihnachten allerseits! Over and out.

Immer wieder 23.12.

In der rheinischen Heimat angekommen lasse ich die ersten dreihundertpaarundfünfzig Tage des Jahres von mir abfallen und begebe mich in das Jahresendritual: Das inoffizielle Klassentreffen. Mal sehen, wer dieses Jahr kommt. Wir haben fünfzehnjähriges Abi-Jubiläum, da wird wohl hoffentlich ein wenig was los sein.

Außerdem lege ich am 23.12. meinen Weihnachtsohrwurm fest. Letztes Jahr das grandiose „Das hier ist Fußball“ von Tomte, und dieses Jahr — passend zu Blogging, Podacasting, podsafe music, wir alle als Time Magazines „Person of the Year“ — ein Stück, das ohne die Verbreitungsmöglichkeit der Blogosphäre vermutlich nicht an meine Ohren gelangt wäre, ach — vermutlich wäre es gar nicht entstanden: Büro am Strand feat. MC Winkel mit „Immer wieder Sonntags“.

Franka Potente war mein Stalker

Die Holofernes hat ihren Schlagzeuger geheiratet, die Makatsch ist schwanger und von Franka Potente habe ich seit Ewigkeiten nichts mehr gehört.

Das war nicht immer so. Vor ein paar Jahren beschlich mich das Gefühl, dass Franka Potente dringlich Signale aussandte, die so klangen, als ob sie etwas von mir wollte. Das ist keine Einbildung (dazu stehe ich viel zu felsenfest im Leben), sondern anhand von Bildmaterial(!) eindeutig zu beweisen.

Angefangen hat das ganze im Jahr 1998, als ich zum Ende meines Studiums ein paar Monate im schönen Heidelberg wohnte. Ganz und gar unstudentisch wohnte ich bei einer älteren Dame in einer Villa direkt am Neckar. Mit Blick auf die Altstadt von meinem kleinen Balkon aus.

Ein Jahr später sitze ich im Kino und schaue den deutschen Teenie-Slasher Anatomie. Der Film spielt in Heidelberg, ich schwelge ein wenig in Erinnerungen, da zack! sehe ich vor mir, in Großaufnahme, das Haus, in dem ich gewohnt habe.

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(c) Deutsche Columbia TriStar Filmproduktion

Das Haus in der Mitte ist es (Neuenheimer Landstraße 48). Mit Efeu bewachsen, mein Küchenfenster ist das links vom oberen Balkon. Im Bus auf der Straße am Ufer sitzt Franka Potente auf dem Weg vom Bahnhof zur Uni. Ich war perplex, hielt es aber für einen Zufall.

Dann verging ein weiteres Jahr oder zwei. Ich sitze wieder im Kino und erfreue mich an Der Krieger und die Kaiserin. Der Film suggeriert zwar, dass er in Wuppertal spielt; man sieht auch viel Schwebebahn und reichlich sonstige Stadtaufnahmen. Doch auf einmal erwischt es mich wieder kalt. Das Krankenhaus, in dem Franka Potente arbeitet, ist nämlich keineswegs in Wuppertal, sondern das Diakonie Krankenhaus in Düsseldorf Kaiserswerth.

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(c) X Filme Creative Pool

Der Klinkerbau neben der Einfahrt, in die Franka gleich einbiegen wird, ist genau die Buchhandlung, in der ich als Grundschüler meine Bücher und Schreibwaren gekauft habe! Soviel Chuzpe muss man erstmal haben, Frau Potente!

Danach wandte sie sich aus irgendwelchen Gründen von mir ab. In Blow erwartete ich das nächste Signal, aber es blieb aus. Ist vielleicht auch besser so, ich fühle mich viel sicherer, seit ich weiß, dass ich nicht mehr verfolgt werde.

Stirb langsam, Benjamin Blümchen!

Kunden, die dieses Blog lesen, lesen auch Blogs von Joanne K. Rowling.

Oder so ähnlich klingen die Empfehlungen, die Amazon gegenüber den Kunden ausspricht. Berechnet werden solche Empfehlungen von der recommendation engine, einem Teil der Amazon Software, der nach geheimsten Regeln die Interessen des Kunden auslotet und dann Harry Potter empfiehlt.

Manchmal finde ich die Empfehlungen sinnvoll, häufig treffen sie auch zu, und sei es nur, weil sie mir zeigen, welche anderen Bücher sowieso schon bei mir stehen. Ich fasse diese Ausgaben also weniger als Empfehlungen sondern als Geschmackskonsistenzrückversicherer auf.

Seit ein paar Wochen bin ich Kunde bei der Online-Videothek Amango, mit denen ich ganz zufrieden bin. Auch Amango hat spricht Empfehlungen aus. Eben wurden mir einige Filme empfohlen, bei denen ich den Zusammenhang nicht unmittelbar erkennen konnte. Müssen die noch ein wenig an der Heuristik ihrer Empfehlungen arbeiten? Oder lässt sich zwischen den Empfehlungen zu Die Hard eine Erklärungskette aufbauen? Mal sehen.

recommendation-engine

Amango empfiehlt den Kunden, denen Die Hard gefallen hat, Bernhard und Bianca im Känguruland, Benjamin Blümchen/Das Geheimnis der Tempelkatze/Die Zirkuslöwen und Tom & Jerry – The Classic Collection 11.

Eine Verbindung von Die Hard zu Tom & Jerry ist offensichtlich: Zwei Typen jagen sich mit den wildesten Mitteln durch’s Haus. Bruce Willis (klein, gewieft) ist die Maus, der Böse (groß, etwas weniger gewieft) der Kater. Die Empfehlung ist gewagt, aber nachvollziehbar.

Die Kurzbeschreibung zu Bernhard und Bianca lautet:

Sie sind wieder da! Die beiden weltberühmten Mäuse Bernard & Bianca folgen diesmal einem Hilferuf aus dem fernen Australien: „Der kleine Cody wurde entführt“!
Unsere beiden kleinen Detektive, Bernard & Bianca, zögern nicht lange und machen sich mit der Albatros-Fluglinie sofort auf die große Reise zum fünften Kontinent. Mit Hilfe von Jake, dem Buschmäuserich,…

Kleine Detektive? Bruce Willis ist nicht besonders groß, aber dass solche Parameter in die Filmempfehlungen eingehen — Kompliment! Außerdem war er ja schon beim vorherigen Tipp die Maus. Sehr konsistent! Und die Albatros-Fluglinie? Zumindest in Die Hard II geht es um Luftfahrt, also muss da auch eine Verbindung bestehen. Exzellent recherchiert!

Bleibt Benjamin Blümchen. Ist auf den ersten Blick eine harte Nuss, aber auch die lässt sich ein bestimmt knacken. Aus der Filmbeschreibung zu Die Zirkuslöwen:

Benjamin und Otto verlieben sich sofort in die beiden Löwenbabys Hipp und Hopp, als sie plötzlich im Zoo auftauchen. Aber leider können die beiden Löwen nicht im Zoo bleiben, denn schließlich gehören sie dem Zirkus Leporello. Im Zirkus gibt es aber keinen Dompteur mehr, so dass keiner die Löwendressur vorführen kann. Doch Benjamin hat eine Idee! Da entführt der böse Dompteur die Löwenbabys. Kann der Zirkus noch gerettet werden? Und wer befreit die Löwenbabys?

Halten wir nun die Beschreibung zu Die Hard dagegen:

Heiligabend in Los Angeles. Eine Gruppe schwer bewaffneter Männer stürmt ein Bürohochhaus. Die Gangster wollen 624 Mio. Dollar erbeuten, die als Wertpapiere in einem computergesicherten Safe lagern. Eine Partygesellschaft, die im obersten Stockwerk feiert, nehmen sie als Geiseln. Nur der New Yorker Polizist McClane kann entkommen. Doch alle Ausgänge sind blockiert, die Telefonverbindungen unterbrochen. Dann wird kaltblütig eine Geisel erschossen. McClane begreift, dass nur er eine Chance hat – völlig auf sich selbst gestellt nimmt er den bedingungslosen Kampf auf…

Mal von der weniger martialischen Sprache abgesehen, scheinen die beiden Geschichten doch das gleiche Muster aufzuweisen. In dem einen Film der Zoo, in dem anderen das Hochhaus. Hier das Löwenbaby, dort die Geiseln. Einerseits ein fröhlicher Elefant, auf der anderen Seite Bruce Willis. Das passt schon, aber man kann den Eindruck gewinnen, als ob die Amango recommendation engine nebenbei Spaß dran hat, gewisse Spitzen gegen Bruce Willis loszulassen: Mal Maus, mal Elefant. Launisches Ding, die Software. Aber sie gibt innovativere Tipps als die Schwester bei Amazon. Zu Potter I und Potter II noch Potter III und IV zu empfehlen, ist einfach. Aber als Ergänzung zu Die Hard eine DVD mit Benjamin Blümchen nahe zu legen, ist gewagt. Kommt sofort auf die Ausleihliste.

Buchhalterische Frage

Worüber ich immer noch in mich hineingrinse, wenn ich es höre, ist die Betonung des Wortes buchhalterisch. Mit der Betonung auf der vorletzten Silbe mit einem langen „eeeeee“. Habe nicht den geringsten Anflug einer Ahnung, woher die Betonung kommt. Andere Adjektive auf -terisch haben die Betonung im Stamm des Wortes, nicht auf dem Adjektivssuffix: verräterisch, dichterisch, gestalterisch.

Warum aber legen die Buchhalter (und eben nicht die Buchhalteeeer) solch großen Wert darauf legen, ausgerechnet die Nachsilbe, dieses rein funktionale Morphem zu betonen?

Als mir diese Betonung das erste Mal unterkam, hörte ich sie von der Buchhalterin im Klamottenladen, in dem ich früher mal gearbeitet habe. Jung und frisch in die Welt entlassen, deutete ich das noch als eine persönliche Marotte von Frau D., schob es auf ihren ohnehin starken rheinischen Dialekt — doch weit gefehlt. Jeder Buchhalter, der mir seitdem begegnete, betont das lange „e“.

Ist es vielleicht ein Geheimcode in dieser Berufsgilde? Oder hat es etymologische Gründe? Kommt buchhalten etwa ursprünglich von einem anderen Wort, beispielsweise vom althochdeutschen buchhalteeren und federn?

Ach, deshalb.

Hamburger Polizei berichtet von weiteren verstrahlten Personen

Mir fallen da spontan auch noch ein paar Leute ein.