Monthly Archive for Juli, 2007

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Wetterbericht

Ist ja schön, wenn es mal regnet. Dann muss man den Rasen nicht sprengen. Die Blumen haben das Wasser auch mal nötig.

Für Frau J. war ich der Untergang des Abendlandes (Zivildienst III)

Eine weitere Klientin, mit der ich beim Zivildienst auf keinen grünen Zweig gekommen bin, war Frau J.

Für Frau J. bin ich einmal die Woche einkaufen gegangen. An sich war das kein besonders schweres Unterfangen, wenn da nicht ihre herrischen Marotten gewesen wären („Alexander, können Sie nicht mal ein wenig früher kommen, wenn Sie erst um 15 Uhr da sind, dann gibt es so häufig nichts mehr zu kaufen.“, „Alexander, haben Sie auch verschiedene Schwarzbrote gedrückt, um das frischeste zu finden?“). Am schlimmsten war allerdings ihr absurd kompliziertes Verfahren beim Getränkekauf, das sie sich ausgedacht hat, um den Einkauf deutlich zu vereinfachen.

Das Verfahren ging so: Beim Getränkekauf (1 Kasten Wasser) sollte der leere Kasten nicht zurückgegeben werden. Lediglich die leeren Flaschen durfte ich zurückgeben, ich sollte den alten Kasten mit neuen Flaschen auffüllen. Da bei diesem Verfahren statt 6,60 DM nur 3,60 DM ein- und ausgebucht wurden („Die 3 Mark für den Kasten müssen ja nicht auftauchen.“), war es in ihren Augen wesentlich einfacher. Die Realität gestaltete sich anders: Im Supermarkt hatte keiner der Verkäufer an der Kasse Verständnis für solche Sonderlocken. Mit schöner Regelmäßigkeit tauchten die 6,60 DM auf dem Kassenzettel auf. Frau J., die Woche für Woche den Einkaufszettel mit den Zwischensummen versah und hinterher mit dem Kassenzettel verglich, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Warum ich das alles so kompliziert machen müsse?

Im Ergebnis war es ein Teufelskreis: Sie wurde immer verzweifelter ob meiner Unfähigkeit, einen einfachen Einkauf nach Ihren Vorstellungen durchzuführen; ich wurde immer unsicherer und verrechnete mich immer häufiger. Es war deutlich: Sie nahm mich nicht für voll, hielt mich für minderbemittelt und nicht in der Lage, einfache Rechnungen durchzuführen. Irgendwann kriegte sie mehr Wechselgeld zurück, als sie vorausberechnet hatte, was sie mir als Fehler vorhielt. Das war der Tag, an dem wir uns anschrien und sie mir sagte, dass ich nicht mehr wiederzukommen brauchte. Ich war nicht unglücklich darüber, aber meine Chefin sah das anders und nach einer Woche Pause tauchte ich wieder bei Frau J. auf.

An meinem letzten Tag bei ihr erkundigte sich Frau J. zum Abschied, was ich denn in Zukunft machen wollte:

Frau J.: Und, Alexander, was machen Sie nach dem Zivildienst? Gehen Sie wieder zur Schule?
Ich: Och, Frau J., wissen Sie, das brauche ich nicht. Ich habe mein Abitur schon. Mit einem Schnitt im Einserbereich ein gar nicht so schlechtes. Ich gehe nächstes Jahr zur Uni.

Das konnte Frau J. nicht glauben und saß mit offenem Mund da. Dass eine solch ausgemachte Nulpe wie ich Abitur haben sollte? Für Frau J. war an diesem Tag im November 1992 der Pisa-Schock vorweggenommen.

Eine Redensart, die ich erst spät verstanden habe

Wenn jemand im Umgang mit der Tastatur nicht sehr firm ist und jede Taste einzeln suchen muss, spricht man scherzhaft vom „Adler-Suchsystem“, in Anlehnung an den Raubvogel, der über der Tastatur kreist und zack hinabstößt, um die Beute zu erlegen Taste zu drücken. Aber wieso erkläre ich das eigentlich? Außer mir weiß ja sowieso jeder, wie diese Metapher zu verstehen ist. Nur ich nicht. Zumindest habe ich erst vor einigen Monaten kapiert, was gemeint ist. Und das kommt so:

Ende der Siebziger Jahre begann mein Vater damit, alte Schreibmaschinen zu sammeln. Was am Anfang noch eine geringe Anzahl von mehr oder weniger hübsch restaurierten Büromaschinen war, wurde binnen weniger Jahre zu einer sehr ansehnlichen und vor allem großen Sammlung.

Ist schon toll, was man als Kind alles als gegeben hinnimmt, ohne sich Gedanken drüber zu machen. Natürlich war es für mich nichts Außergewöhnliches, dass sich außer im Keller auch in immer mehr Wohnräumen des Hauses jede Menge alter Schreib-, Rechen- und sonstiger Büromaschinen ansammelten. Es waren wirklich einige außergewöhnlich gut erhaltene Geräte dabei, von den verrückten Konstruktionen aus der Frühzeit dieser Technik ganz zu schweigen.

Eine der ersten Maschinen, die mein Vater nach Hause schleppte, war eine Adler 7. Das war eine Schreibmaschine, die auch für das ungeübte Auge von heute einwandfrei als solche zu erkennen ist, mit Tasten, mit Walze und sichtbarem Anschlag (das war nicht selbstverständlich für Maschinen aus den Jahren 1880-1900).

Die Maschine ist so präsent in meiner Erinnerung, dass ich bei der Redensart „Adler-Suchsystem“ immer automatisch an diese Maschine denken musste. Umso größer war mein Unverständnis, warum das Suchsystem bei dieser Maschine so ungewöhnlich sein sollte. Sah doch ganz normal aus, das Ding. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man bei dieser Maschine ein spezielles Suchsystem brauchte; anders als beispielsweise bei der Mignon oder Odell.

Dass andere Leute als solche Büromaschinen-Geeks wie mein Vater (und — notgedrungen — seine Familie) möglicherweise gar nicht wissen, dass es eine Schreibmaschine mit diesem Namen gab, ist mir nie aufgegangen. Als Kind nimmt man halt eine ganze Menge skurriler Dinge als gegeben hin, wenn sie zu Hause passieren.

Das Problem der Musikindustrie

Fake Steve Jobs entwickelt sich mehr und mehr zu einem meiner Lieblingsweblogs. Heute gibt es eine hervorragende Zusammenfassung des Problems der Musikindustrie. Kurzer Ausschnitt:

Here’s the thing. These guys could have done what we did. In the early days of the Internet, everyone figured the majors would build digital distribution arms. But they didn’t do it, because they didn’t understand technology, and they didn’t want to invest in building this expertise, and they were freaked out about piracy and paralyzed with fear. So we stepped in. We made the big investment. We hired programmers. We developed software that’s easy to use and works flawlessly. (If you think that’s trivial, think again. It’s huge.) We ran the system. We promoted it, we marketed it, we haggled with all the majors and struck deals. We took all the risk, which was considerable. Now we’re reaping the reward. And the majors want a bigger slice. Um, for what? We did all the work. Ain’t gonna happen, slick.

Sie verstand nichts von Mode (Zivildienst II)

Auf einer der Essen-auf-Rädern Touren, mit denen ich als Zivi meine Vormittage verbrachte, hatten wir eine Kundin, die so blind war, dass wir Zivis gehalten waren, ihr die Aluminiumschale mit dem Essen zu öffnen und das Fleisch zu schneiden. Die Blindheit dieser Kundin wurde von Zivigeneration zu Zivigeneration kolportiert und selbst die zynischsten Kollegen haben dieser Kundin nicht das Essen versalzen (buchstäblich!), da man vor ihrer Sehbehinderung zu großen Respekt hatte.

Umso verdutzter war ich an dem einen Tag, als ich — es waren die frühen Neunziger Jahre — die Basecap mit dem Schirm nach hinten trug (jaja, ich weiß…) und sie mir mit ihrer krähenden Ömchen-Stimme den freundlichen Hinweis gab:

Junger Mann, Sie haben Ihre Mütze falschrum auf.

Das mit der Blindheit habe ich ihr danach nicht mehr abgenommen.

Telefonmantra

Ob man mit einem Gesprächspartner am Telefon auf derselben Wellenlänge ist und das Gespräch funktioniert hat, erkennt man meistens daran, dass bei der Verabschiedung die beiden Gesprächspartner perfekt synchron das Danke — Bis dann — Tschüss Mantra anstimmen.

Marketing-GAU

„Quark XPress 7.2 im attraktiven Design Bundle“ hieß die Betreffzeile der Email. Kein Spam, sondern eine Mail von meinem Apple-Händler Comspot, bei denen ich seit dem Kauf meines MacBooks auf der Verteilerliste stehe. Wie das so ist mit diesen Mailinglisten: Eigentlich interessiert mich die Mail nicht, aber wenn ich eine Mail von denen bekomme, ist sie schneller gelöscht, als dass ich mich abgemeldet habe. Und so bekomme ich sie doch alle.

Nun nicht mehr. Denn die Mail vom Freitag enthielt keine Produktinformation oder Werbung, sondern einen Link zu Mailinglisten-Administratorprogramm. Mitten drin ein fetter „abmelden“ Link. Den habe ich dann schnell gedrückt und mich endlich von dieser Liste abgemeldet.

Da ich mir nicht vorstellen kann, dass dies seitens Comspot Absicht war und ich mir ebenfalls nicht vorstellen kann, der einzige zu sein, der diese Steilvorlage nutzt, vermute ich, dass da irgendjemand ganz, ganz massiven Ärger kriegt, wenn über das Wochenenden die Abmeldezahlen in die Höhe geschossen sind…