Monthly Archive for Juli, 2008

Hertie, und dann?

Hertie hat Insolvenz angemeldet. Mein großes Mitgefühl gilt den Mitarbeitern dort, natürlich direkt vor meiner Haustür in der Filiale am Barmbeker Bahnhof. Bin ja selbst mal durch eine Insolvenz gegangen und weiß, dass diese Phase der Unsicherheit kein Zuckerschlecken ist — zumal nicht in einem Arbeitsmarkt wie dem Einzelhandel, der ja allgemein nicht so ganz gut läuft wie das Gebiet, in dem ich mich tummele.

Bis vor drei Jahren war dort noch Karstadt angesiedelt. Bei der Restrukturierung der Warenhaussparte sind ca. 70 nicht rentable Häuser verkauft worden. Nun melden diese Häuser wieder Insolvenz an. Nun beschleichen mich langsam Zweifel, ob es in dieser Lage mit diesem Warenhaus überhaupt möglich ist, profitabel zu arbeiten. Viel los ist in dem Haus ja augenscheinlich nicht…

Sollte es nicht dazu kommen, dass sich ein Investor findet, der das Haus in Barmbek auf die Liste der zu rettenden Betriebe setzt, stellt sich die Frage, was dann passiert. Was macht man mit dem leeren Kaufhaus? Klingt vielleicht ein wenig zynisch, aber die Schließung des Hauses wäre eine einmalige städtebauliche Chance für den Ort. Man stelle sich vor, welche Möglichkeiten der Gestaltung es für den Bahnhof und das umliegende Areal geben kann, wenn der potthässliche Betonklotz weg wäre. Nun gibt es in Barmbek ja glücklicherweise noch andere Einkaufsmöglichkeiten als Hertie, so dass die allgemeine Versorgung nicht gefährdet ist, man auf das Kaufhaus vermutlich auch verzichten kann. Wenn sich ein Investor finden würde, der das Grundstück kauft und könnte man die gesamten — wenn auch nie begonnenen — Neugestaltungspläne neu aufrollen und das Bahnhofsareal zu einem wirklich neuen Zentrumsviertel machen.

Eckkneipen

Große Verwirrung allerorten nach dem „Knallerbsen-Urteil aus Karlsruhe“ (SZ). Bei mir auch. Bin schon jetzt genervt, dass vermutlich niemand sich dafür interessieren wird, dass nur die berühmten inhabergeführten Eckkneipen sich im rechtsfreien Raum bewegen, bis die Länder ihre Nichtrauchergesetze angepasst haben. Überhaupt Eckkneipen. Die berühmte Eckkneipe. Was ist denn mit Kneipen, die nicht an Straßenecken liegen? Geht es nicht gegen die Berufsfreiheit eines Wirtes, wenn er seine Kneipe in der Mitte einer Häuserzeile betreiben muss? Und was ist mit Kneipen mit mehr als 75 Quadratmetern? Werden nun Raumteiler aufgestellt oder Zwischenwände eingezogen, um den Raum kleiner werden zu lassen? Bis zu wieviel Fläche seiner Gaststätte würde ein Wirt verbauen, um wieder als „kleine Eckkneipe“ zu gelten? Lohnt sich eine Reduktion von 100 m2 auf 75 m2? Man kann zwar nur noch weniger Plätze anbieten, aber dafür kommen wieder mehr Raucher, ist die Räson dahinter.

Spekuliert mit! Was wird sich in Hamburg und anderen Bundesländern ändern (bis ein vollständiges Rauchverbt in der Gastronomie erwirkt wird)?

Sehr originell, Scherz Verlag

Auf der Broschüre „Ihr Reiseplan“ im ICE wirbt der zur Fischer Verlagsgruppe gehörende Scherz Verlag für das neue Buch von Ralf Husmann. Da niemand Ralf Husmann kennt, muss eine möglichst reißerische Einordnung dieses Namens in den kulturellen Kontext erfolgen. Bei Scherz hat man sich für den Spruch

„Hier kommt der erste Roman von ‚Stromberg‘-Erfinder Ralf Husmann“

entschieden.

Moment bitte. Stromberg-„Erfinder“ Ralf Husmann? Sag mal, Scherz Verlag, geht es noch? Die Stromberg-Erfinder heißen Ricky Gervais und Stephen Merchant. Nur, dass sie keine Serie namens „Stromberg“ erfunden haben, sondern „The Office“. Mit David Brent haben sie eine der komischsten Figuren entwickelt, die das britische Fernsehen jemals hervorgebracht hat.

Dann kommt so ein laufender Fotokopierer wie Ralf Husmann, plagiarisiert für Pro Sieben das Konzept der Serie bis ins Detail und lässt sich für sein — hoffentlich etwas eigenständiger erdachteres — Buch als „Erfinder“ der kopierten Fernsehserie titulieren.

Dazu fällt mir nichts mehr ein, Scherz Verlag, außer einem vermutlich gnadenlos ausgelutschten Wortspiel mit Deinem Namen. Das Wortspiel ist so offensichtlich und abgenudelt, dass es sich eigentlich von selbst verbietet. Aber da, Scherz Verlag, Du ja offensichtlich Spaß an Kopien und Plagiaten hast, will ich mal nicht so sein: Das soll wohl ein Scherz sein. Gern geschehen.

Baggerverbot

Nach überstandenen Beachvolleyballmeisterschaften ein Appell an die Journaille: Könnt Ihr bitte (bitte, bitte) auch mal einen Artikel über Beachvolleyball schreiben, in dem in der Überschrift nicht ein vollkommen abgelutschtes Wortspiel mit „baggern“ vorkommt? Fällt Dir, liebe Journaille, nicht auf, dass das jeder schreibt und deswegen seit gefühlten 1000 Jahren nicht mehr erträglich ist?

Frischzellenkur à la Microsoft

Selbstverständlich habe ich am Freitag vor dem Rechner gesessen und auf das Software Update für Leeloo gewartet. Das Betriebssystem für das neue iPhone sollte am Freitag auch für das Schwesterprodukt, den iPod Touch, ausgeliefert werden. Die Vorfreude war groß: Endlich Applikationen von anderen Herstellern als Apple auf dem Gerät laufen lassen und schauen, welche Kreativität die Entwickler rund um den Globus in den Monaten seit März hatten, um die ganzen feinen Features des Geräts mit eigenen Anwendungen zu nutzen.

Was der über das Wochenende zu Besuch gekommene G. und ich erlebten, war — rundheraus gesagt — gruselig. Mal von den offenbar vollkommen überlasteten Servern abgesehen, die das Herunterladen der Software verhinderten, war das Update-Erlebnis alles andere als vergnüglich. Ich erwarte von Apple genau diesen Tick an Benutzerfreundlichkeit und Usability mehr, dass der Umgang mit dem Elektrogelöt ein Vergnügen und keine Qual ist. Bisher haben die Designer und Ingenieure aus Cupertino mich nicht enttäuscht. Dieses Mal schon.

iTunes zeigte mir an, dass die neue Software-Version 1.1.4 sei (bei mir lief bisher noch die veraltete 1.1.2). Erst nach dem Dücken auf „Update“ stellte iTunes fest, dass eine neue Version da war. Das sollte das Programm selbst herausfinden. Dann bot es mir an, die neue Version zu kaufen. Das tat ich, wurde an den iTunes Music Store weitergeleitet, bezahlte die 8 Euro und erwartete, dass nun der Download losging und die Installation startet. Es passierte: nichts. Ich war wieder an der Stelle in iTunes, an der ich schon vorher war. Der Update Button lächelte mich freundlich und unschuldig an. Eigentlich mag ich keinen Knopf drücken, dessen Betätigung kurz vorher schon in einen Kaufvorgang resultierte. Aus schierer Neugier versuchte ich es dennoch und, voilà, nicht der Kaufprozess startete erneut, sondern die Software wurde heruntergeladen und installiert.

G. und ich haben eine halbe Stunde vor dem Rechner gesessen und überlegt, wie wir ihn zu diesem Update veranlassen können. Da saßen 50 Personenjahre IT-Erfahrung und waren trotzdem wie vor den Kopf gestoßen, dass sich dieses vermaledeite Update nicht sofort erschlossen hat. Diese Art Unlogik bin ich nicht gewohnt von Apple.

Einerseits kann man das Desaster am Wochenende natürlich als einen Ausrutscher bezeichnen, der immer mal vorkommen kann. Sicher wird es auf dem Apple Campus in Cupertino ein paar strenge Ermahnungen gegeben haben, aber trotzdem bleibt ein fader Nachgeschmack: Ist Apple mit dem immensen Ansturm eines weltweiten Roll-Outs eines neuen Produkts schlicht überfordert gewesen? Hier spiele ich auf die zusammengebrochenen Server an: Hunderttausende Neu- und Bestandskunden, die ihre vielen neuen und alten Telefone zeitweise nicht nutzen konnten, weil die Server zur Aktivierung nicht online waren. Das darf nicht passieren. Dem Qualitätsanspruch von Steve Jobs wird es sicher nicht gereicht haben. Ich bin sehr gespannt, welche Lehren Apple aus diesem misslungenen Start ziehen wird. Das war jedenfalls ein Erlebnis, wie ich es bislang eher aus Redmond als aus Cupertino gewohnt bin.

Mit 50 Millimetern back to the roots

Im August 1990, als ich meine — damals natürlich noch analoge — Spiegelreflexkamera kaufte, packte der Händler als Standard ein einfaches 50mm Objektiv dazu: preiswert und nicht besonders verspielt war es das ideale Objektiv für den Umstieg von der kleinen Sucherkamera.

Voriges Jahr habe ich wieder den Umstieg von einer kleinen Sucherkamera hin zu einer Spiegelreflex gemacht; diesmal allerdings digital. Als erstes Objektiv gab es einen hübschen Zoom mit schnellem Motor und dem Bildstabilisator, der es mir sehr angetan hat. Leider ist das Objektiv nicht besonders lichtstark, sodass die von mir so geliebten unscharfen Hintergründe bei geringer Tiefenschärfe kaum darstellbar sind. Nur unter selten anzutreffenden Umständen ist es möglich, einen Hintergrund aufzulösen.

Doch nun kann das Experimentieren wieder losgehen: Mit dem einfachen 50mm Objektiv und der größten Blende von 1:1,4 wird das Fotografieren noch etwas anspruchsvoller. Kein Zoom, man muss schon die richtige Entfernung zum Objekt haben. Schier umgehauen hat mich aber die Qualität der Optik. Das Foto meines Brotkorbs spricht für sich:

IMG_7228

Diese Schärfe! Diese Plastizität der Texturen! Oh, das macht Lust auf mehr. Nun muss nur noch das Wetter mitspielen, damit ich auch mal rausgehen und fotografieren kann…

Herbstanfang

am 9. Juli, um 15:02 schaltet die Haspa-Filiale gegenüber meines Büros die Leuchtröhren in der Außenwerbung an. Weil’s langsam dunkel wird. Willkommen im Herbst.

Road to Nowhere

Road to Nowhere

(in Dortmund)

SchlaaaaaaandHossa

Gestern anlässlich des Schlagermoves spontan aus der Stadt geflüchtet und für einen Tag die relative Ruhe der Ostsee in Travemünde genossen. Auf dem Weg dorthin unvermeidlicherweise den Hauptbahnhof durchquert. Purer Grusel. Es war wie eine Woche zuvor, kurz vor dem EM-Endspiel. Nur dass die Horden, die aus den S-Bahnen, REs und Metronomen stolperten nicht schwarz/weiß, respektive schwarz/rot/gold gekleidet waren, sondern diesmal pink, orange und andere Schattierungen von schreiend bunt trugen. Die Accessoires waren dieselben: wirre Perücken, Hüte und diese Blumengirlanden zum Umhängen. Statt „schlaaand“ wurde nun „hossa“ gerufen, was im Endeffekt auch keinen Unterschied mehr macht. Hauptsache groß, laut und schmerzfrei. Hauptsache sich feiern, dass man dabei war. Egal bei was. Das nächste „Kult-Event“ steht wahrscheinlich schon vor der Tür.

(Lesenswerter Augenzeugenbericht bei Matt auf der Rückseite der Reeperbahn.)

Lookalike

Ganz entzückend die Fotostrecke heute bei der SZ, in der Besucher von Konzerten fotografiert und nebeneinander dargestellt werden. Ist ja nichts Ungewöhnliches, wenn Fans sich kleiden wie ihre Idole. Doch losgelöst vom Kontext des Konzerts, nur vor dem weißen Hintergrund der Seite, hat es schon etwas unfreiwillig Komisches, wenn die ganzen Rod Stewarts und Bob Dylans nebeneinander stehen. Und erst die Sex Pistols — ganz und gar gruselig.