Norddeutsche Humorkritik (ein Eintrag, der eigentlich ganz anders werden sollte)

War gar nicht so schlimm, der Freitag. Die Strategie ist aufgegangen: vorher alles schlechtreden, dann können Erwartungen nicht kaum enttäuscht werden. Hat sogar Spaß gemacht, der Wettkampf mit Disziplinen wie Bogenschießen und „human kicker“.

Schlimm war eher der Tag gestern. Das lag vor allem an der viel zu langsam voranschleichenden Detoxikation meines Körpers, der nicht glücklich darüber war, schon um 8 Uhr aufstehen zu müssen. Hat ja recht, der Körper. Wenn ich ihn schon den ganzen Abend mit Giftstoffen zuschütte, sollte ich zumindest den Anstand haben, ihn in Ruhe den ganzen Dreck wieder abbauen zu lassen, statt auch noch früh aufzustehen und volle Einsatzfähigkeit zu verlangen.

Die Rückfahrt vom Veranstaltungszentrum mit dem Metronom ab Rotenburg/Wümme hätte schön ruhig sein können, wenn man bei der Betreibergesellschaft dieses Zuges nicht irgendwelche Spaßvögel hätte, die einen Pendlerzug dadurch aufwerten wollen, indem man die Haltestellendurchsagen von einer Dialekt-Spaßkanone sprechen lässt. Ich mag die Norddeutschen ja sehr, aber diese dialektale Humorfixiertheit finde ich hochgradig bräsig. Habe den Eindruck, dass es hier manchmal reicht, etwas breiter zu sprechen, um bei den Zuhörern einen schulterschlusshaften „Jou, jou, wir im Norden sind schon echte Spaßmacher, nech?“-Humorkonsens zu erzeugen. Da kann es auch gerne mal egal sein, was gesagt wird, es reicht die regional typische Vokalverschiebung vom „a“ zum „o“, der Wechsel vom stimmlosen „t“ zum stimmhaften „d“ und die Leude klopfen sich auf die Schenkel, weil es so schön norddeutsch ist. Und wenn es norddeutsch ist, muss es — eo ipso — ja auch komisch sein (weil es so lustig klingt).

Doch genug Norddeutschen-Humor-Bashing. Es gibt ja auch guten Humor aus dieser Region. Habe mir gestern abend den lang auf DVD ersehenten „Härtetest“ angeschaut. Ich war vorher voller Zweifel, ob dieser Film auch Jahre später und außerhalb des geliebten Hasetor-Kinos in Osnabrück so gut funktionieren würde. Geht aber gut: Janek Rieke ist immer noch glaubwürdig bis ins letzte, Lisa Martinek ist zum Umfallen hinreißend und Rudi Völler — davon gibt’s nur einen. Die Lieblingsszene, die damals ungeschnitten als Trailer für den Film Werbung machte, ist wirklich eine der Sternstunden des jungen deutschen Kinos.

Auch das DVD-Zusatzmaterial ist sehenswert. Zehn Jahre später erzählt Janek Rieke in den Interviews mit dem Blick eines erfahreneren Filmschaffenden sehr detailreich und liebevoll von seinem Film und den Leuten, mit denen er zusammengearbeitet hat. Ich bin ja sonst kein großer Fan von diesen Features. Meistens hört man da nur die Euphorie raus, wie toll das aktuelle Projekt gerade ist und wie super die Leute und die Grenze zwischen Werbefilmchen und Dokumentation ist sehr fließend. Aber hier: Prima. Die zehn Jahre Abstand geben eine (selbst-)kritische Distanz, die den Ton der Interviews sehr durchdacht klingen lässt.

Und sonst? Wie bringe ich in diesem Text noch das Pauli-Spiel von gestern unter? 2:0 gegen die Fortuna aus der Mutterstadt. Ideologisch ein wenig schwierig und emotional belastet, dieses Duell. Aber nach dem Desaster am 11.11. in Düsseldorf war das gestern eine schöne Entschädigung. Bis auf den Kopfschmerz und das generelle Unwohlsein.

(Eingeordnet unter „Uncategorized“, weil es nirgendwo so richtig passt.)

2 Responses to “Norddeutsche Humorkritik (ein Eintrag, der eigentlich ganz anders werden sollte)”


  • Klingt ja alles halb so wilt, aber was ist human kicker? Menschen statt Bälle verwendet oder ist es dieses überdimensionierte Tischfußball, bei dem die Menschen an den Stock kommen?

  • bosch: Genau das ist es. Menschen werden an die Stange genommen, allerdings nicht festgezurrt. Und das Drehen der Spieler ist auch nicht möglich.

    Anders als beim traditionellen Tischfußball, bei dem ja alle Entscheidungen am grünen Tisch fallen, kann man sich übrigens beim human kicker ordentlich einsauen, wenn der Boden schon weichgespielt ist… Zum Glück hatte ich nicht die feinen Schühchen an.

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