Sie verstand nichts von Mode (Zivildienst II)

Auf einer der Essen-auf-Rädern Touren, mit denen ich als Zivi meine Vormittage verbrachte, hatten wir eine Kundin, die so blind war, dass wir Zivis gehalten waren, ihr die Aluminiumschale mit dem Essen zu öffnen und das Fleisch zu schneiden. Die Blindheit dieser Kundin wurde von Zivigeneration zu Zivigeneration kolportiert und selbst die zynischsten Kollegen haben dieser Kundin nicht das Essen versalzen (buchstäblich!), da man vor ihrer Sehbehinderung zu großen Respekt hatte.

Umso verdutzter war ich an dem einen Tag, als ich — es waren die frühen Neunziger Jahre — die Basecap mit dem Schirm nach hinten trug (jaja, ich weiß…) und sie mir mit ihrer krähenden Ömchen-Stimme den freundlichen Hinweis gab:

Junger Mann, Sie haben Ihre Mütze falschrum auf.

Das mit der Blindheit habe ich ihr danach nicht mehr abgenommen.

3 Responses to “Sie verstand nichts von Mode (Zivildienst II)”


  • Ich machte ja meinen Zivildienst im mobilen sozialen Hilfsdienst, also Altenpflege und -betreuung. Letzteres war der angenehmere Teil. Eine ältere Dame wurde werktäglich mit einer Partie Mensch-ärger-Dich-nicht bespaßt. Die Tochter stellte stets Kaffee und Kuchen bereit, bevor sie zur Arbeit ging. Die ältere Dame konnte sehr schlecht sehen, so dass das Brettspiel beliebig von uns Zivis gestaltet werden konnte (man konnte sie gewinnen lassen, um ihr etwas Gutes zu tun, oder die ganze Sache massiv abkürzen, wenn man wenig Zeit hatte). Manchmal gab es trockenen Puffer, manchmal gab es Sahnestücke. Immer wenn es Sahnestücke gab drückte die Dame mit voller Wucht ihren Daumen in die Torte und frug: „Ist das Puffer?“. Anschließend gab es immer noch eine halbe Tasse Kaffee – zum nachspülen, wie sie so schön sagte.

  • Meine totale Lieblings-Zivi-Geschichte!!

  • bosch: „Zum Nachspülen“, nachdem sie auch den Finger in den Kaffee gehalten hat?

    R: :-)

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