Es war der 9. November 1989, an dem mir der hier schon häufiger zitierte Weltgeist mir mal so richtig die Zunge rausstreckte und mir zeigte, dass ich nicht mit dem Ohr am Puls der Zeit lebte.
Am 9.11.89 machte der Informatik-Grundkurs einen Studienfahrt nach Trier, um dort nach dem Besuch einer Mathematik-Vorlesung an einer Weinprobe teilzunehmen. Mir stand der Sinn nicht nach Wein, viel lieber wollte ich mir das Karl-Marx-Haus in der Trierer Innenstadt ansehen, befand ich mich doch — gerade volljährig geworden — inmitten meiner salonsozialistischen Phase.
Besonders stolz war ich auf das an diesem Tag erworbene kommunistische Manifest: Eine typographisch sehr schöne Aufmachung: der Text in zwei Spalten gesetzt und einige Buchstaben so fett gedruckt, dass aus der Entfernung die Köpfe von Marx und Engels aus dem Text hervortraten.
Als ich abends nach Hause kam, saß mein Vater vor dem Fernseher, schaute Nachrichten. In diesem Moment wurde mir schlagartig klar, dass ich beim Kauf des Posters einen fetten Rabatt hätte aushandeln sollen, von wegen Auslaufmodell und so.
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