Die Rheinländer und ich

Interessante Selbstbeobachtung in den letzten Wochen, an der ich Euch teilhaben lassen möchte:

Wie dem einen oder anderen bekannt sein mag, bin ich kein gebürtiger Hamburger. Erst vor einigen Jahren verschlug es mich in diese Stadt. Geboren und aufgewachsen bin ich in Düsseldorf, bin also ein echter Rheinländer. Viele Leute sind jedoch erstaunt, wenn sie das hören. Meistens heißt es dann, dass man das aber gar nicht heraushören würde. Mag sein, in meiner Familie wurde kaum Dialekt gesprochen und das bisschen Düsseldorfer Platt, das ich mal auswendig gelernt habe, klingt vermutlich sehr aufgesetzt. Zum Karneval fahre ich nicht und ich komme auch gut mal ein paar Monate ohne Altbier aus. Kurz und gut: Ich mache keinen Hehl aus meinen Wurzeln, aber ich hätte nicht gedacht, dass man mir diese Herkunft anmerkt.

Bis ich seit einigen Monaten durch die Arbeit vermehrt mit anderen Rheinländern in Berührung komme. Es macht Spaß, am Telefon diesen vertrauten Sing-Sang zu hören. Vor allem aber habe ich das Gefühl, mit den Leuten aus „meiner“ Gegend sehr gut zurecht zu kommen. Hätte ich vorher nicht für möglich gehalten, dass allein aufgrund regionaler Herkunft Präferenzen entstehen. Ich kann es gar nicht genau benennen, was es ist, aber es fällt mir leicht, mich auf sie einzulassen und eine Vertrauensbasis aufzubauen.

Ein Kollege (nordisch by nature) meinte letztens, er habe da größere Schwierigkeiten. Er komme mit der burschikosen Art, die seine Gesprächspartner an den Tag legen, nicht zurecht. Also ziemlich genau das Gegenteil, was bei mir passiert.

Was das für mich bedeutet? Keine Ahnung. Auf jeden Fall nicht, dass ich jetzt Hals über Kopf meine Sachen packe und mich gen Süden verziehe. Nee, dazu sind mir hier Stadt und Leute viel zu sehr ans Herz gewachsen. Aber dennoch freue ich mich, ein wenig Lokalkolorit in mir zu tragen, auch wenn es mir bisher nicht bewusst war.

4 Responses to “Die Rheinländer und ich”


  • wie schön, mal etwas „besinnliches“ von dir zu lesen. mir geht`s nur in der fremde so, dass ich mich nach dem nordischen akzent sehne. aber vielleicht hör ich einfach auch zuviel jan delay…

  • Meine Wenigkeit lebt ja in Berlin und zwischen den ganzen Schwaben und anderen inländischen Auswanderern, die sich in der Hauptstadt tummeln, hab auch ich den Rheinländern in mir entdeckt. Mir scheint als blühe in der Diaspora das Heimatgefühl erst so richtig auf. Die Fortuna ist größer als je zuvor; der Rhein der schönste Fluss der Welt.
    Trägt deswegen ganz Kreuzberg ein Kopftuch? Vielleicht schon.

  • Kenne ich den Kollegen?

    Ich kann jedenfalls seine Meinung nicht teilen.

  • Diva: Bislang dachte ich nicht, dass ich mich danach sehne, aber nun fällt mir auf, wie gern ich es habe. Vielleicht nicht gerade im Ausland, weit weg von zu Hause. Als sich vor ein paar Jahren in Neuseeland eine Horde Rheinländer aus einem Reisebus neben mir postierte, um gemeinsam mit mir einen Wasserfall zu betrachten, nahm ich schnell reißaus.

    Bruder: Wow, wenn die Fortuna jetzt größer ist als je zuvor, muss das Heimweh ja riesig sein. ;-)

    Torsten: Kennst Du, kennst Du…

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