R.I.P. Mathilda

In den letzten Tagen muss ich auf andere Leute wie ein Spinner gewirkt haben. Oder wie nennt man sonst jemanden, der sehnsüchtig seinen iPod ans Ohr hält, vielleicht in der Hoffnung, dass dieser sich dadurch in ein iPhone verwandelt. Doch das war es nicht. Ich versuchte nur, genau zu horchen, ob die Festplatte sich nochmal beruhigen würde, oder ob der „Click of Death“ grausige Wahrheit geworden ist. Doch sie ist nicht mehr zu retten: Mathilda.

Mathilda ist mein iPod der vierten Generation, mit Click Wheel und ohne Farbbildschirm. Schon zu Jahresbeginn deuteten sich die ersten Ausfallerscheinungen der Festplatte an, doch die wiederholte Anwendung des „Magic Carpet Trick“ (iPod aus ca. 40 cm auf den Boden fallen lassen) konnte ihr jedesmal wieder Leben einhauchen.

Doch nun ist die Festplatte endgültig hin. Keine drei Jahre nach dem Kauf entwickelt sie ihre letzte Marotte: Zwischen zwei Stücken ungefähr eine Zehntelsekunde eines ganz anderen Stücks anspielen. So eine Art „Shuffle on steroids“: Zwischendurch mal ganz kurz ein anderes Lied herausrufen: Hat schonmal jemand von einem iPod mit Tourette-Syndrom gehört?

Mittlerweile habe ich sie endgültig aufgegeben und muss ich mir Gedanken um Ersatz machen: Mir fehlt schon etwas auf den Weg zur Arbeit, wenn ich keine Podcasts hören kann. Von den längeren Zugfahrten, die ich momentan unternehme, ganz zu schweigen. Jetzt fällt mir erst einmal auf, wie sehr ich mich an den akustischen Mikrokosmos, der aus meinen Ohrstöpseln dringt, gewöhnt habe. Mann ey, sind das zum Teil bescheuert laute Leute, die um mich herumsitzen. Und über was für einen Mist die sich unterhalten. Von den U-Bahn Musikern ganz zu schweigen, die ich nicht einfach mit einer Drehung aus dem Daumengelenk heraus übertönen kann.

Auf jeden Fall werde ich ihr einen Ehrenplatz in meiner Erinnerungskiste einräumen. Ist bei einem Gerät dieser Größe ja auch etwas einfacher als z.B. bei Léon, meinem alten, ebenfalls defekten ThinkPad, mit dem ich 1998 meinen Einstieg in das mobile Computing gemacht habe. Das Ding ist einfach zu groß zum Aufbewahren und wird über kurz oder lang den letzten Weg zum Recycling(fried)hof antreten, aber so ein 4G iPod ist ja immerhin noch ein angenehmer Handschmeichler.

(Vermutlich der erste Eintrag, der vollkommen berechtigt in die Kategorie Elektroschrott gehört.)

5 Responses to “R.I.P. Mathilda”


  • Ohje, dann ist es traurige Wahrheit.
    Ich fühle mit Dir und erinnere mich gut an den Abend, an dem Du mir Mathilda vorgestellt hast und an das Leuchten in Deinen Augen. Und irgendwie war es ja auch Mathilda, die meinen IPod und mich zusammengebracht hat.

  • Das kommt mir alles sehr bekannt vor. Bernd starb vor vier Monaten. Er hatte ähnliche Symptome, auch das von dir beschriebene Tourette-Syndrom trat auf. Nicht mal mit „Magic Carpet“ ließ sich noch was machen. Ich sah dann wenig später eine Reportage im TV über einen Menschen, der aus Spaß an der Freude ipods repariert. Der macht das aus Liebe zum Produkt und auch extrem gut. Ich habe Bernd dann hingeschickt. Wenig später kam Bernd zurück. Und er war wieder gesund! Ein neues Leben mit Bernd begann. Und es wird jeden Tag schöner.

  • Sollte Rettung noch möglich sein? Sollte die Rettung in Form einer Kapitänin herabsteigen? Verrat mir doch mal, wer Bernd so erfolgreich wiederbelebt hat. Und was das gekostet hat. Danke!

  • Eckart: Der Tag wird außerdem als „der Tag, an dem mich Steve Jobs im Sack hatte“ in die Geschichte eingehen. Ohne den iPod hätte ich mir nie einen Mac gekauft.

  • schau mal unter ipodupdra.de — der freie Fall aus 40 cm Höhe ist etwas untechnisch für einen Informatiker, finde ich …

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