Vor ein paar Tagen schrieb ich über mein Unbehagen über die Oberflächlichkeit beim Ehemaligentreffen. Bin in den letzten Tagen zum Glück auch eines besseren belehrt worden:
Samstag abend traf ich auf dem Kiefernstraßenfest den H. Wir beide waren in der fünften und sechsten Klasse dicke Freunde. H. war ein Jahr älter, aber in meiner Klasse. Er war saucool, hörte mit zwölf schon Frank Zappa, während ich mich meine musikalische Früherfahrung mit der Neuen Deutschen Welle machte. H. war dabei, als ich mich das erste Mal jemanden geprügelt habe (einem Bully aus seiner Nachbarschaft die Nase blutig geschlagen) und das erste Mal einen Fisch geangelt habe (habe mich vermutlich mehr erschreckt als das arme Rotauge am Haken und wusste überhaupt nicht, was ich nun mit dem Fang tun sollte. Ich wurde kein berühmter Angler).
Dann blieb H. sitzen, verließ ein paar Monate später die Schule und ich verlor ihn aus den Augen. Zwar habe ich ihn nicht mehr gesehen, aber über die eine oder andere Ecke im Freundeskreis hörte ich immer mal wieder von ihm. Doch gesehen habe ich ihn über zwanzig Jahre nicht. Bis Samstag. Da sagte die Freundin zu mir: Oh, schau mal, da drüben sitzt der H. und verkauft sein Curry. Bin zu ihm gegangen, wollte mal schauen, ob er mich erkennt. Hat er. Und obwohl wir uns so lange nicht gesehen haben, komplett unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen haben, war es eine traumhaft schöne Unterhaltung. Ist einiges an Erinnerungen hoch gekommen, Dinge die ich vergessen hatte, die ihm im Gedächtnis geblieben sind und umgekehrt.
Ebenso heute abend: Der A., mit dem ich ebenfalls ein paar Jahre intensiv befreundet war und der einfach so von der Bildfäche verschwand, meldete sich via Xing bei mir. Ich war zuerst unsicher, als er mich vor ein paar Tagen anschrieb, ob ich ihn wirklich treffen wollte. Haben wir aber doch gemacht, und es war klasse. Ruhiger ist er geworden, mit Frau und Kind und Position im mittleren Management. Immer noch ein scharfer Geist, aber die intellektuelle Arroganz, die ich damals faszinierend fand — die aber bestimmt eine Menge Leute abgeschreckt hat — hat er hinter sich gelassen. Zufrieden ist er, aber nicht selbstgerecht. Ich hoffe, es dauert nicht nochmal zwölf Jahre, bis wir uns das nächste Mal sehen.
klingt sehr schön, lieber alexander.
ich hab via xing die nette kollegin wiedergetroffen, die mich damals, vor mittlerweile 21 jahren (herrje, bin ich alt, welch dimensionen…) in meinem schleswig-holsteinischen provinzkaff in die geheimnisse des buchhandels einwies.
das internet ist eine plattform für anonymitäten? pah!