Wie ich mal fast auf die Fresse gekriegt hätte

Was man gar nicht möchte und was mir nach den Jahren im Rückblick völlig skurril vorkommt, war der Anruf, den ich am Morgen nach der ersten Nacht mit ihr entgegennahm. Ungewöhnliche Zeit, morgens um sieben, den jungen Mann am anderen Ende kannte ich nicht. Sie schon: es war ihr Ex-Freund, von dem sie sich vor ein paar Wochen getrennt hatte. Er wohnte im selben Studentenwohnheim wie sie, konnte von seinem Zimmer aus ihres sehen und war die ganze Nacht vor Sorge zerfressen, weil bei ihr das Licht den Abend über nicht an- und später wieder ausgegangen war. Irgendwoher hatte er meine Nummer organisiert und erkundigte sich morgens nach ihrem Wohlbefinden. Habe den Hörer weiter gereicht.

Ein paar Wochen später wollte ich sie bei ihren Eltern besuchen, besorgte mir über das Schwarze Brett eine Mitfahrgelegenheit in ihre Stadt. Der Fahrer sagte beim Losfahren, wir müssen noch einen Mitfahrer abholen, er wohne in dem Studentenwohnheim in der Nähe. Es war ihr Studentenwohnheim. Mir schwante Übles. Der Ex-Freund kam auch aus ihrer Stadt, fuhr auch häufig am Wochenende nach Hause.

Wie sollte es anders sein: Kaum, dass wir es uns versahen, saßen wir — nur getrennt durch eine dritte Person — auf der engen Rückbank eines Golfs oder Polos oder so. Wir kannten uns offiziell nicht. Er sah mich, ihm fiel einiges aus dem Gesicht und nannte den anderen seinen Namen. Ich sagte so etwas wie „Wir haben ja schonmal miteinander telefoniert“. Mir wurde später zugetragen, dass mir auch nur ein einziges weiteres Wort eine Tracht Prügel eingebracht hätte. Glück gehabt. Glück auch, dass der Fahrer — der nichts von der Delikatheit der Situation ahnte — nicht so etwas sagte wie „Oh, Alexander fährt auch in Deine Stadt. Er besucht seine Freundin dort.“ Eieiei.

0 Responses to “Wie ich mal fast auf die Fresse gekriegt hätte”


Comments are currently closed.